Fr 24. Mai 2024 17:00 Uhr
Münster St.-Clemens-Kirche
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Bachs Inspiration

Bach inspiriert – und er war selbst ein Inspirierter. Als solchen stellt ihn der vielfach ausgezeichnete, international gefragte Cembalovirtuose Alexander von Heißen vor.

Bach selbst, der tiefgläubige Christ, wusste sich vom Heiligen Geist erfüllt. Er sah sich in der Tradition der „Musica von Gottes Geist“, die der alttestamentarische König David (Bibel 1 Chr 25) eingesetzt hatte, und komponierte zum Lobe Gottes. Mit „Soli Deo Gloria“ unterzeichnete er daher all seine Werke: Gott allein Ehre.

Oft wohl improvisierte Bach an den Tasten. So könnte aus der Eingebung des Augenblicks heraus auch die expressiv-virtuose Chromatische Fantasie und Fuge entstanden sein, die später so viele Komponisten inspirierte (u. a. Mendelssohn, Busoni, Brahms, Liszt). Gewiss war sie ganz nach dem Geschmack seines Sohnes Carl Philipp Emanuel. Hatte dieser doch in seinem „Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen“ verlangt, dass eine Fantasie „aus einer guten musikalischen Seele herkommen (und) das Sprechende, das hurtig Überraschende von einem Affekte zum anderen“ haben müsse. Oder ein Alltagsereignis zündete in Bach, wie beim improvisatorischen Capriccio „über die Abreise des sehr geschätzten Bruders“ (BWV 992).

Und natürlich war da die Inspiration durch die Kollegen. Nicht als Plagiat, sondern als Wertschätzung des Originals galt es im Barock, wenn sich ein Komponist der Ideen eines anderen bediente. So bearbeitete Bach in seinem g-Moll-Concerto ein Violinkonzert von Telemann (TWV 51:g1). Entsprechend frei ging er mit seinen eigenen Werken um und improvisierte etwa, wie sein Schüler Johann Friedrich Agricola berichtet, über seine Ciaconna aus der 2. Partita für Violine solo: „Ihr Verfasser spielte sie selbst oft auf dem Clavichorde, und fügte von Harmonie so viel dazu bei, als er für nötig befand.“ Alexander von Heißen versucht, es Bach mit seiner eigenen Bearbeitung der berühmten Ciaconna gleichzutun.

Alexander von Heißen gewann zahlreiche Preise, u.a. den 1. Preis für Cembalo beim Int. Johann-Sebastian-Bach Wettbewerb Leipzig 2022, 2018 den 2. Preis des Int. Cembalowettbewerbs Musica Antiqua in Brügge und ein Stipendium des Deutschen Musikwettbewerbs. Er tritt international auf und unterrichtet an der Hochschule für Musik und Tanz Köln, an der Musikhochschule Münster und an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Frankfurt am Main.

Besetzung

Alexander von Heißen Cembalo

Programm

Bach: Chromatische Fantasie und Fuge, BWV 903 | Capriccio sopra la lontananza de il fratro dilettissimo, BWV 992 | Concerto in g-Moll, BWV 985 | Ciaccona. Aus: Partita II, BWV 1004 (bearb. von A. von Heißen)

St.-Clemens-Kirche

Münster
An der Clemenskirche

Die Clemenskirche wurde nach Plänen des Architekten Johann Conrad Schlaun 1745–1753 als Kloster- und Hospitalkirche für die Barmherzigen Brüder errichtet. Das Gebäude war in die Klosterbauten integriert, stand also ursprünglich nicht, wie heute, frei. Das Chronogramm der Inschrift am Portal der Kirche nennt den Stifter und ergibt als Jahr der Fertigstellung des Rohbaus 1751: PRO PERENNI VERAE MISERICORDIAE SIGNO EXPENSIS SVIS ERIGEBAT AVGVSTVS BAVARIAE PRINCEPS PATER PATRIAE: „Als immerwährendes Zeichen der Barmherzigkeit errichtete der Landesvater und Fürst August von Bayern diese Kirche auf eigene Kosten“. Die Stuckarbeiten in der Kirche stammen von dem Wessobrunner Stuckateur Jakob Rauch, die Fresken des Kuppelgewölbes von Johann Adam Schöpf, das Bild des Hauptaltars von Giovanni Battista Pittoni aus Venedig, die seitlichen Altargemälde von Carlo Carlone. Am 30. September 1944 zerstörten Bomben die Kirche und das Krankenhaus bis auf die Umfassungsmauern. Ohne die zugehörigen Hospitalbauten wurde die Kirche 1956–1959 wieder aufgebaut, wodurch das Bauwerk seine markante städtebauliche Einbindung verlor. Der Innenraum, einschließlich des Kuppelfreskos, wurde 1961–1974 rekonstruiert, wobei Paul Reckendorfer aus Wien (wie beim Erbdrostenhof) die Kuppelausmalung wieder herstellte. Die Bildhauerarbeiten führte Siegfried Springer aus.